23.12.2004 Blickführung 目使い und Blickpunkt 目付け
Im Kyudo Kyohon steht folgendes: Die Blickführung bzw. der Blickpunkt liegt im stehen ca. 4m weit auf dem Boden, auf dem Stuhl ca. 3m,
im Kiza (Knien) oder Seiza ca. 2m. Es gibt aber keine Erklärung, woher diese Entfernungen gekommen sind. Hier möchte ich über
Blickführung analysieren.
Kyudo und Zen (Persönlichkeitsentwicklung)
Es ist gesagt, Kyudo ist Zen in Stehen, aber es gibt viele verschiedene Meinungen darüber, ob Kyudo mit dem Zen verbunden ist. Heutzutage besteht
modernes Kyudo aus verschiedenen traditionellen Ryu-ha. Insbesondere wurde Heki-Chikurin-ha sehr stark von Buddhismus bzw. Zen beeinflusst. Aus diesem
Grund kann es nicht ignoriert werden, daß Einflüsse vom Zen im Kyudo sind. Ich habe selbst keine Zen-Erfahrung, aber es ist gesagt,
daß man bei Zen-Übungen entweder komplett die Augen schließt oder halb geöffnete Augen hat. Zuerst lernt man
Atmungstechniken, dadurch kommt die Aufmerksamkeit von außen nach innen, dann findet man sich selbst im Universum zwischen Erde und Himmel, zum Schluss
existiert nichts, weder das Selbst noch das Universum, darin findet man die Wahrheit. Diese Persönlichkeitsentwicklungsmethode beim Zen ist ähnlich
wie bei Kyudo-Übungen.
Kyudo als Budo (Bedeutung des Übungsziels)
Das Kyudo wurde bei den Samurai als körperlich und geistige Trainingsmethode benutzt. Viele Samurais haben sich gleichzeitig auch im Zen geübt. Aus
diesem Grund findet man Beziehung zwischen Kyudo und Bushido und Zen. Beim Kendo kann man von den Augen die Bewegung des Gegners ablesen. Daher wurde
gesagt "Augen sprechen mehr als der Mund". Auch beim kämpfen mit mehreren Gegnern oder bei Dunkelheit hat man vermutlich die Augen "fallen gelassen",
um die Aufmerksamkeit auf seitliche und auch hintere Bewegungen zu lenken. Je nach Situation waren die Blickführung und der Blickpunkt
unterschiedlich. Nach der Einführung der Feuerwaffen in Japan hat die Bedeutung des Bogenschießens sich verändert, so daß es nicht
für den Krieg verwendet, sondern als Shugyodo = Übungsweg (修行道) benutzt wurde. Erst dann wurde es Kyudo - der Weg es Bogenschießen
genannt. Führer hat man die Augen, Metsuke auf den Gegner (Ziel) festgesetzt. Aber die Bedeutung des Ziels als Gegner
änderte sich in einen Spiegel des Schützen (Selbst). Um diesen Spiegel zu sehen und die Aufmerksamkeit in sich zu behalten ist es wichtig,
das Zielbild indirekt durch das Körpergefühl mit halb offnen Augen zu sehen.
Sharei (Zeit und Räumlichkeit)
Wenn man alleine Zeremonie macht, ist die jeweilige Position in der Räumlichkeit wichtig. Mit mehreren Personen sind zusätzlich Abstände
und Tempo innerhalb der Gruppe wichtig. Das zeitliche Ablauftempo muß durch Atmung und die räumliche Abstände müssen durch
körperliches Gefühl harmonisiert werden. Wenn man die Blickführung nach unten fallen lässt, steigert das die Konzentration und die
Aufmerksamt bleibt nicht an einem Punkt. Es resultiert ein großer gefühlter Bereich. Blickführung und
Blickpunkt sind geistige Vorbereitung für die Augen.
Reiho (Respekt für Person und Räumlichkeit)
Japaner lassen bei der Verbeugung (Reiho) die Augen "fallen". Im Gegensatz dazu gibt man in Europa seine rechte Hand, damit man seine Freundlichkeit, Offenheit zeigt und kein
Angriffsgefühl erzeugt. Aus diesem Grund sollten die Augen im Dojo, wo man den Weg des Bogenschießens lernen darf, fallen gelassen werden (nicht
direkt zur Kamiza bzw. in die Augen von Jemanden schauen). Es ist ein Teil von Respekt und Aufmerksamkeit.
Vor der Verbeugung am Eingang des Dojo oder am Sadame no Za schau man zwar zur Kamiza, dies sollte aber nicht deutlich sein, sondern eher nur das Gefühl
erzeugen, daß die Kamiza in den Augen reflektiert wird.
Sumashi (Aufmerksamkeit außen nach innen)
Sumashi beschreibt die Konzentrationsaufbauphase und die kontinuierliche Steigerung des Konzentrationszustands vor dem Schießen(Mae no Sumashi), im Schuß
(Naka no Sumashi) und nach (Ato no Sumashi) dem Schießen. Im Sumashi ist es wichtig, mögliche Störungen und Irritationen, die von
den Augen kommen, zu vermeiden bzw. die Konzentration nicht zu verlieren. Es ist sinnvoll, daß die Augen halb offen sind und nach unten zeigen,
damit das Sichtfeld reduziert und dafür das Körpergefühl gesteigert wird. Für Sumashi ist diese Blickposition bzw. dieser Blickpunkt
aus diesen Gründen wichtig.
Monomi (Blick zum Ziel)
Beim Schießen liegen die Augen entweder auf dem Gerät oder ca. 4m entfernt auf dem Bogen. Es ist Teil von Naka no Sumashi. Beim Monomi
(Blickführung zum Ziel) zeigt die Blickrichtung zum Ziel, aber es ist wichtig, mit halb offenen Augen indirekt zu sehen. Da es beim
japanischen Bogenschießen nicht möglich ist, Selbst das Zielbild zu bestätigen, es ist notwendig es zu fühlen und nicht die
Aufmerksamkeit wegen des Ziels zu verlieren.
Zum Schluss
Aus obengenanten Gründen ist die Angaben Xm nur eine Orientierung, da es je nach Körpergröße leicht unterschiedlich ist. Wichtig ist,
daß man dadurch Konzentration aufbaut, Gefühl entwickelt. Dafür sollte man
immer Seikitai (lebendige Geist im Körper) sein, spätestens wenn man das Gerät in die Hand nimmt.
Es wird empfohlen, zuerst die Atmung und dann die Bedeutung der Blickführung zu lernen. Diese Übung bringt Vorteile nicht nur in
der Schießtechnik und dem Trefferergebnis, sondern auch in der Schießqualität bzw. der Kunstfertigkeit.
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